Fast 100 Jahre Verein für Heimatkunde Angermünde

Der Leser der Angermünder Zeitung konnte am Montag, dem 28. Oktober 1912, einen Aufruf von Bürgermeister Mundt zur Gründung eines Verkehrs- und Verschönerungsvereines verfolgen. Am selben Abend um 21.00 Uhr wurde der Verein mit drei Ausschüssen gegründet. Die Zielsetzung des Heimatkundeausschusses bestand zunächst in der Gründung einer Heimatsammlung, die Vorbereitung zum 500. Jahrestages der Schlacht von Angermünde, der Errichtung einer Rolandssäule, die Untersuchung des Pulverturmes und des Schloßgeländes. Das Heimatmuseum wurde als erstes schon im Januar 1913 in den Dachräumen der heutigen Puschkinschule aus alten Rathausbeständen, Spenden Angermünder Bürger, der Handwerkerinnungen und der umliegenden Gemeinden eingerichtet. Da der 1. Weltkrieg den hoffnungsvollen Anfang unterband, konnten die weiteren Vorhaben nicht umgesetzt werden. Heute steht statt der Rolandssäule, der hölzerne Esel (in Erinnerung an den von 1713), der Pulverturm ist zum Großteil saniert und die Untersuchungen am Burggelände werden fortgeführt. Nach dem Kriege konnte das Museum im April 1919 in der Jägerstraße, der früheren höheren Knabenschule, wiedereröffnet werden. Das Inventar umfaßt jetzt 283 Positionen mit ca. 600 Einzelstücken. Von den ehemaligen Ausschüssen des Verschönerungsvereins wurde am 19. September 1922 aus dem Heimatkundeausschuß der "Verein für Heimatkunde" gegründet. Der Verkehrsverein hingegen wurde, unter Vorsitz von Bäckermeister Mewes, am 16. Juli 1930 wieder ins Leben gerufen.

Für die Verbreitung der neuesten Erkenntnisse diente außer den Angermünder Heimatblättern (1922-1939), die Herausgabe des Angermünder Kreiskalenders ab 1926. Leider wurde wegen der Weltwirtschaftskrise, fehlender Zuschüsse und schlechtem Absatz das Erscheinen des Kalenders 1930 wieder eingestellt.

Mit den frühen Zeiten des Vereins ist der Name des Maurermeisters Erich Witte verbunden, der nicht nur den Verein sondern auch das Museum bis zu seinem Tode 1942 ehrenamtlich betreute. Im Jahr 1933 wurde durch die NSDAP die Gleichschaltung der Vereine vorangetrieben, weswegen eine Vielzahl der Mitglieder aus dem Verein für Heimatkunde austraten und die Arbeit ab 1935 nahezu eingestellt wurde. Nur die ehrenamtliche Arbeit als Bodendenkmalpfleger, nicht zuletzt wegen des Autobahnbaus forciert, führte zu weiteren nennenswerte Zuwächsen. Der Bestand des Museums ist in dieser Zeit auf das fünffache (ca. 3000 Einzelstücke) angewachsenen.

Der zweite Weltkrieg hätte beinahe zur Zerstörung des Museums geführt, denn des Magazin befand sich ungesichert in der Klosterkirche. Ironischerweise sind aber besonders die im Tresor der Sparkasse gesicherten Stücke, die Goldmünzen, der Niederlandiner Kelch, die Bürgermeisterkette von 1939, während des Einmarsches der Russen verlorengegangen und befinden sich heute vermutlich im ehemaligen Ruhmesmuseum der Sowjetarmee in Moskau. Zum größten Teil verloren ist auch die Waffensammlung mit den Piken der Angermünder Bürgerwehr, Teile des Ziethener Schatzfundus (die Bronzekessel), einige Zeichnungen und Bilder.

Erster Museumspfleger nach dem Zweiten Weltkrieg wurde, bis zu seinem Tode 1957, Prof. Paul Müller aus Friedeberg/Neumark (der heutigen polnischen Partnerstadt von Angermünde), der u. a. mit der Familie Schleyer und Walther Weiß die Sammlung wieder zusammenführte. Inzwischen hatte sich auch beim Kulturbund Angermünde die Gruppe Natur und Heimatfreunde gebildet, aus der später die Interessengemeinschaft Stadtgeschichte beim Kulturbund wurde. Erste Ansätze bildete die Neueinrichtung des Museums in der Berliner Straße 77, das aber schon bald danach aufgegeben wurde. Neuer Standort wurden einige Räume in der Brüderstraße 18 bis 1996. Aber erst 1971, nach einem Zwischenspiel unter Leitung des Schwedter Stadtmuseums, konnte bis 1979/81 die inzwischen besonders durch zahlreiche ur- und frühgeschichtliche Funde und Leihgaben Angermünder Bürger auf fast 30.000 Einzelstücke gebracht werden. Tatkräftig war besonders die AG "Junger Archäologen", aus denen eine Vielzahl heutiger Mitglieder des Vereines für Heimatkunde Angermünde hervorgingen. Am 24. April 1990 konnte endlich der Verein für Heimatkunde wieder begründet werden.
Die Gründungsmitglieder waren D. Kukla, A. Hiller, R. Fink, C. Milling, H. Otto, Th. Schuhmacher, M. Treder und E. Walther. Eine besondere Auszeichnung erfuhr der Verein mit der Verleihung eines Ehrenpreises im Jahr 2000 durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.

Mit Stand vom Januar 2010 hat der Verein 56 Mitglieder Deutschlandweit.